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ad fontes. kicken in hanoi

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18.30, hauptstrasse stadtauswärts. selten hatte „wer bremst verliert“ so eine gültigkeit wie in diesem moloch. man fährt schneller am ende der rush hour, muskeln verkrampfen. vorbei am sofitel plaza, vorbei am sheraton, mitten hinein ins abgelegene viertel der reichen und schönen. noch einmal luft holen und links abbiegen, plötzlich ist man in the middle of nowhere. der fussball verdankt seinen siegeszug bekanntlich seinem reduzierten equipment. eine ebene, ein ball und zwei wie auch immer geartete tore reichen für den zauber. und natürlich braucht man spieler, die jetzt langsam auf ihren hondas eintrudeln. ein bunter haufen aus deutschen, holländern, italienern und einheimischen versammelt sich auf dem erdplatz und wärmt sich auf. ein brite, der natürlich charles heißt, und ein schweizer kommen mit dem rad und werden dafür gelobt und bewundert. der trainer ergreift die initiative und teilt gelbe trikots an eine hälfte der anwesenden aus. der trainer heißt reinhard, er ist im hauptberuf der hausmeister der deutschen botschaft und kostet seine autorität vor dem und während des spiels aus. danach beschäftigt er sich mit tiger beer (das vietnamesische bia lehnt er ab. ) man schiebt den ball noch ein wenig hin und her und dann pfeift reinhard an. er trägt eine trainingsjacke der deutschen nationalmannschaft. es geht also los, ich stehe erstmals in der startsechs und darf diesmal sogar vorne beginnen. obwohl wir gut stehen, kassieren wir nach einer ecke das erste tor. mein mann hat getroffen, die entschuldigung hört keiner, weil der italienische verteidiger lautstark (und auf englisch) flucht. das 0:2 folgt bald, diesmal hab ich nichts damit zu tun. wir sind die bessere mannschaft, nur der letzte pass gelingt nicht. ich versemmel auch ab und an, die popularität sinkt. dann ein zweikampf, wenn ich durch bin fällt der anschlusstreffer. anstatt dessen fällt charles mich, knie an knie, ich muss raus. reinhard kann auch fluchen (auf deutsch) und malt sich und seiner frau, die immer mit dabei ist, aus, was mit mir in einem krankenhaus hier passieren würde. wir drei freuen uns, dass ich nicht dorthin muss. ich weiss aber, dass der morgen danach bitter wird. aber für den augenblick geht’s und ich „darf noch mal rauf“ – danke reinhard. wir sind mittlerweile 1:3 zurück, man gibt sich bereits auf. ich kann meinen abend aber retten: der ball kommt halbrechts am strafraum zu mir, ich probier’s und treffe links oben rein. der italiener brüllt „kick their ass“ (?) und holt den ball aus den maschen. ich geh wieder raus zu reinhard, der sich auch freut und meint, er habe gut eingewechselt. wir verlieren trotzdem. „es hat nicht sein sollen“ meint ein vietnamesischer mitspieler mit irgendeinem norddeutschen akzent. ansonsten wird am platz nur noch wenig geredet, alle stürmen zu den mopeds und fahren schnellstmöglich in die kneipe um die ecke. ich brauch am längsten, ich zieh mich um. bei einem tiger (ja, reinhard zahlt) wird über michael ballacks heldentat im wm-halbfinale 2002 gesprochen und über manuel neuer im letzten cl-spiel und bernd schuster, der nach jogi löw nationalcoach werden wird. ich bin euphorisiert und bedaure gleichzeitig, dass es das tor nicht auf youtube zu sehen geben wird. an der wand hängen übrigens wimpel, auf denen an deutsch-hollänisches friendlies erinnert wird. für den weg zurück brauch ich die hälfte der anfahrtszeit. nur die fleißigsten der fleißigen fahren jetzt noch nach hause. beim absteigen meldet sich das knie und meine vermietern möchte mich verarzten. ich erkläre ihr pantomimisch, dass ich in meinem zimmer eine passende salbe habe, sie lacht (as always. ) zuhause gibt’s noch ein bia ha noi im kühlschrank, dass den tiger geschmack übertönt. im fernsehen läuft die x-te wiederholung des chelsea-spiels. diesmal ist ballack kein held, auch die verlieren. um zehn uhr abends schläft der moloch ein. wenn der tag um fünf beginnt, muss er auch früh enden. nur die fremden feiern noch in der innenstadt. ich feiere auch, ich hab getroffen.